“Das hört sich gut an” – Die Auswahl des Mikrofons

24. Januar 2023 nilsschumann

Liebe Podcast-Macher*innen,
der vorherige Beitrag betrachtete die Personen, die aufgezeichnet werden sollen und die eigenen Skills. Nehmen wir die Infos des Raumes dazu, wissen wir nun, welches Mikrofon für die Podcast-Produktion infrage kommt.

Der Markt ist schier unerschöpflich. Daher könnte ein kleiner technischer Background nicht schaden, um das Angebot ein wenig besser zu filtern. Ich konzentriere mich dabei auf die Mikrofontypen, die aus meiner Sicht für eine Podcast-Aufnahme geeignet sind:

  • Groß-Membran-Kondensator Mikrofone
  • Dynamische Broadcast-Mikrofone
  • Ansteckmikrofone (Lavalier)
  • Richtmikrofone (ShotGun)
  • Hörsprechkombinationen

Groß-Membran-Kondensator-Mikrofon mit Nierencharakteristik

Diese Mikrofone kommen vor allem in Tonstudios bei der Aufzeichnung von Gesang und Sprache, bei Musik und Voice-Over-Produktionen zum Einsatz. Die Bauweise mit großer Membran im Mikrofon sorgt für eine warme Klangfarbe und die Empfindlichkeit (also wie “laut” ein Signal aufgenommen wird) ist meist höher als bei Mikrofonen mit kleiner Membran. Die Höhenwiedergabe ist in der Tendenz weniger präzise im Vergleich zur Kleinmembran-Bauweise. Allerdings spielt hier die Verarbeitung und damit der Preis häufig eine entscheidende Rolle.

Unterm Strich ist meine Erfahrung, dass man mit einem Mikrofon zwischen 150 EUR und 400 EUR für den Einsatz als Podcast-Mikrofon ganz gut zurecht kommt. Womit man bei günstigen Mikrofonen jedoch immer rechnen sollte ist, dass durch eine wenig hochwertige Verarbeitung und Verwendung günstiger Komponenten technische Einschränkungen auftreten können, die das Klangbild verfälschen. Im hochpreisigen Segment sind Fehler hinsichtlich Klang und Material naturgemäß eher unwahrscheinlich.

Nun noch zur Nierencharakteristik: Diese Angabe bedeutet, dass das Mikrofon so gebaut ist, dass es nur aus einer bestimmten Richtung (der Einsprechrichtung) Schallereignisse so überträgt, wie es das soll.
Dreht man das Mikro zur Seite, verändert sich der Klangeindruck dramatisch. Bauartbedingt entsteht der sogenannte Nah-Besprechungseffekt. Tiefe Frequenzen werden betont, je näher man an das Mikro heranrückt. Dieser Effekt ist häufig gewünscht, da es eine Stimme sehr präsent und voll klingen lässt.

Aber Achtung! Es sollte unbedingt ein Pop-Schutz genutzt werden. Dabei handelt es sich um einen Windschutz, der vor dem Mikro angebracht durch den hindurch gesprochen wird. Er bewirkt, dass verwirbelnde Luftbewegungen, die beim Sprechen von Plosiv-Lauten wie “p” “b” “t” entstehen, reduziert werden. Ohne Pop-Schutz knallt und rumpelt es massiv in der Aufnahme, was sich später unter Umständen kompromissbehaftet entfernen oder reduzieren lässt.

Kugelhinweis: Gegen die Verwendung eines Mikrofons mit Kugelcharakteristik spricht eigentlich nichts. Allerdings sollte in diesem Fall kein weiterer Speaker im Raum stehen.

Klein-Membran-Richtrohr-Mikrofone

Unter Umständen kann man auch diesen Typ nutzen. Zum Beispiel, wenn parallel zum Podcast ein Video gedreht wird und das Mikrofon unsichtbar sein soll. Diese Mikros brauchen aber einen sehr guten Raum und Speaker, die sich beim Sprechen wenig bewegen. Auch hier gilt: je näher das Mikro zur Sprechenden rutscht, desto besser für die Postproduktion. Weiterhin sollte nur eine Person im Raum sein, um Übersprechungen zu vermeiden.

Wenn in einer Aufnahmesituation nur ein Mikrofon vorhanden sein und nicht im Bild auftauchen darf, dann würde ich mich für ein Richtrohr entscheiden und es per Hand an einer Tonangel von einer sprechenden Person zum anderen Sprecher richten.

Dynamische (Broadcast-) Mikrofone

können in der Regel weniger detailliert Schallereignisse wandeln. Dafür sind sie resistenter gegen laute Impulse und neigen weniger zu Verzerrungen. Bei Sprecher*innen mit hoher Dynamik (mal ganz leise, mal ganz laut) kann das von Vorteil sein. Sprechende müssen in der Regel sehr nahe am Mikro sein, um ein ausreichend lautes Signal zu erhalten. Einen Nachteil sehe ich darin, dass bei Bewegungen ungeübter Sprecher*innen große Klang- und Lautstärkeunterschiede entstehen können.

Im nächsten Teil wird es um Mikrofone gehen, die am Körper getragen werden: Ansteckmikrofone, Nackenbügelmikrofone und Hörsprechgarnituren (Headsets).